(vera)
Die aktuelle Umweltkatastrophe durch hochgiftige Bergwerksabwässer
im ungarischen Fluss Theiss ist nur eines von einer Reihe ähnlich
verlaufener Unfälle. Schon vor einem Jahr legte der World Wide
Fund For Nature (WWF) der Europaeischen Kommission eine Studie.
Darin werden die Gefahrenstandorte in Europa aufzählt und
Empfehlungen für einen verbesserten Schutz gegeben. Diese Studie
blieb bisher folgenlos.
Bei einer Giftkatastrophe im Nordwesten Rumäniens
waren am 30. Januar etwa 100.000 m3 schwermetallhaltige
Schadstoffe in Zuflüsse der Donau geflossen. Die Giftflut,
kontaminiert mit hochgiftigen Cyaniden und Schwermetallen,
gelangte in die Theiss, den zweitgrößten Fluss Ungarns. Das
Leben im Fluss ist auf über 300 Kilometern vernichtet, mehr als
65 Tonnen tote Fische wurden bisher geborgen. Zudem ist die
Trinkwasserversorgung der Bevölkerung bedroht. "Abbauaktivitäten
in Erzbergwerken sind eine riesige Gefahr für die Flüsse in
Europa", betonte Jane Magdwick, Leiterin des Wwf-Süßwasser-Programms.
Den letzten dramatischen Höhepunkt bildete ein geborstenes
Abwasserbecken im April 1998 im spanischen Nationalpark Donana.
Bei diesem Unfall wurde der Fluss Guardiamar und das angrenzende,
weltweit bedeutende Feuchtgebiet Coto Donana mit mehr als
5.000.000 m3 giftigem und säurehaltigem Wasser verseucht. Es
entstanden Schäden in Höhe von über 100 Mio. Euro.
Ein Jahr später veröffentlichte der WWF
eine Studie mit Informationen über die Abwasserentsorgung in
Erzabbau-Betrieben der Eu-Länder. Darin findet sich unter anderem
der Nachweis für signifikante Umweltverschmutzungen durch Lecks
in Kläranlagen in mehreren Ländern, darunter Schweden, Spanien
und Italien. Die Studie enthält eine Liste mit Standorten von
Entsorgungsanlagen größerer Bergwerke sowie Informationen über
Mängel bei der öffentlichen Aufklärung der Anwohner und
mangelhafte Schutzvorkehrungen für Mensch und Natur. Der WWF
forderte die Europäische Kommission schon damals auf, eine
komplette Liste der bisherigen Unfälle und der möglichen
Gefahrenstandorte vorzulegen. Außerdem müsse es einen
Aktionsplan geben, der die Risiken minimiert und die Sicherheit
solcher Entsorgungsanlagen verbessert. Und es gelte, gesetzliche
Grundlagen zu schaffen, um für die entstandenen Schäden
aufzukommen. "Zwei Jahre nach der Katastrophe im spanischen
Nationalpark Donana hat die Europäische Kommission nicht einmal
einen Überblick darüber, wo sich Entsorgungsanlagen solcher
Bergwerke befinden", kritisierte Magdwick. Stattdessen
verhandele sie über freiwillige Vereinbarungen der
Bergbauindustrie. "Was wir jetzt brauchen, sind zuverlässige
Kontrollmechanismen, um derartige Katastrophen zu
verhindern", sagte sie und fügte hinzu: "Das tragische
Unglück an der Theiss kommt nicht überraschend. Die Frage ist
jetzt nur: wann passiert das nächste?"